Aktionsabend "Kinder der Utopie"

Mit dem Film "Kinder der Utopie" hat die Lebenshilfe am 15. Mai ein einmaliges Kino-Event nach Osnabrück geholt. Der Film und das anschließende Podiumsgespräch sorgten für rege Diskussionen zum Thema "Inklusion".

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Lebenshilfe holt einmaliges Kino-Event nach Osnabrück

Film-Doku „Kinder der Utopie“ sorgt für lebhafte Diskussionen in der Realität

Der große Kinosaal 3 im Cinema Arthouse war nahezu ausverkauft, als Franz Haverkamp, Vorsitzender der Lebenshilfe Osnabrück, die Zuschauer am 15. Mai 2019 zur Film-Dokumentation „Kinder der Utopie“ und zum anschließenden Podiumsgespräch begrüßte. „Osnabrück ist Teil eines bundesweiten Aktionsabends. Heute läuft der Film einmalig in über 160 Kinos, tausende Zuschauer werden ihn gleichzeitig mit uns sehen“, erklärte er den Besuchern.

„Heute Abend wird das Thema Inklusion an vielen Orten diskutiert und auch wir möchten im anschließenden Gespräch den Film aufgreifen und uns über Inklusions-Erfahrungen hier in unserer Region austauschen“, so Haverkamp weiter. Die Lebenshilfe Osnabrück hatte sich bereits vor Monaten als „Pate“ bei der bundesweiten Kampagne dafür stark gemacht, den Film in Osnabrück zu zeigen. „Mit dem Cinema Arthouse haben wir schnell den idealen Partner für das Event gefunden“, freute sich der Lebenshilfe-Vorsitzende mit Blick auf den barrierefreien Kinosaal. Hier hatte sich ein bunt gemischtes Publikum aus Menschen aller Altersgruppen mit und ohne Behinderung eingefunden.

Was Inklusion ausmacht

Die Dokumentation zeigt sechs ehemalige Schülerinnen und Schüler der Berliner Fläming-Schule, die auf ihre gemeinsame Schulzeit vor 12 Jahren zurückblicken. Dabei kombiniert der Film die Portraits der jungen Erwachsenen mit den Ausschnitten des Films „Klassenleben“, der die Inklusionsklasse damals filmisch begleitete. In diesen Szenen wird deutlich, dass Inklusion nicht immer einfach ist, aber Vieles leichter als gedacht. Dass auch die schwerstbehinderte Schülerin ihren Platz gefunden hat. Dass der Schulalltag mit seinen Anforderungen und sozialen Strukturen für alle Schüler eine Herausforderung ist. Beim Blick auf die Anfang 20-Jährigen wird klar, wie sehr alle die Gemeinschaft von damals schätzen und wie sie davon profitieren. Heute sind alle auf dem Weg in ihr Berufsleben. Dieser ist – völlig unabhängig von ihren individuellen Einschränkungen und Möglichkeiten – geprägt von Unsicherheit und Zielstrebigkeit, Erfolg und Misserfolg.

Wie läuft es hier in Osnabrück?

Im anschließenden Gespräch verglichen die Podiums-Teilnehmer in kurzen Statements ihre Erfahrungen mit den Eindrücken des Films: „Ich habe vieles aus meiner Grundschulzeit wiedererkannt“, erklärt der 19 Jahre alte Jona, der nach dem Besuch einer inklusiven Grundschulklasse erst eine Kooperationsklasse in Osnabrück und dann eine Förderschule in Bersenbrück besuchte, bevor er an die Freie Schule in Tecklenburg wechselte, wo er auf seinen Hauptschulabschluss hinarbeitet: „Auch da ist das Miteinander so gut wie im Film.“ Die Schullaufbahn von Jona sei nicht immer leicht gewesen, nicht jeder Ansatz habe gepasst, doch die jetzige Schule entspreche ihrem Sohn, bestätigten auch Jonas Eltern. Die 22-jährige Saria, ebenfalls mit Down-Syndrom, und ihre Mutter berichteten ebenfalls von guten Erfahrungen und bleibenden Kontakten unter den Mitschülern in der inklusiven Grundschulzeit: „Mit einigen gibt es noch eine starke Verbundenheit.“ Christopher Gorontzi erklärte, dass er in seiner Zeit als Assistent eines Schülers mit Autismus-Spektrum-Störung vielfach als Vermittler zwischen diesem und den Mitschülern Missverständnisse ausräumen und so zu einem besseren Miteinander und zu mehr Selbständigkeit des Schülers beitragen konnte. Birgit Jäger berichtete von guten Erfahrungen für alle Schüler in den Inklusionsklassen, die ihre Tochter Janina besuchte: „Als Inklusionsbeauftragte setze ich mich aber auch dafür ein, mehr Orte und Gelegenheiten für Kontakte außerhalb der Schule, zum Beispiel in Vereinen zu schaffen.“ Siggi van Kampen, der nicht nur selbst Förderschullehrer ist, sondern vor allem in der Lehrerbildung arbeitet, betonte, dass es sich trotz schwerer Rahmenbedingungen lohne, die Inklusion weiter umzusetzen, nicht nur weil Deutschland sich der UN-Konvention verpflichtet habe: „Ich bin ein unbedingter Befürworter der Inklusion!“

Input für weitere Diskussionen

Aufgrund des begrenzten Zeitrahmens mussten die Veranstalter es bei den kurzen Statements belassen. Doch schon diese unterschiedlichen Perspektiven sorgten in Kombination mit dem Film für rege Diskussionen: Im Foyer und am Ausgang wurde in Gebärden- und Lautsprache über die „Utopie“ der Inklusion und ihrer realen Möglichkeiten, aber auch über hemmende Rahmenbedingungen des Schulalltags gesprochen. „Auch wenn die meisten Zuschauer noch gern mehr gehört und gemeinsam diskutiert hätten, hat die Veranstaltung sicher so manches abendliche Gespräch angeregt. Ich fand die Veranstaltung gelungen und wir können an diese Diskussionen anknüpfen!“ lautet dann auch das zufriedene Fazit von Franz Haverkamp.

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